Unsere Mitarbeiterin Maria war als Teil des ehrenamtlichen Teams des Deutsch-Französischen-Olympischen Jugendlagers (DFOJL) in Paris und berichtet von ihren Erfahrungen und Emotionen und darüber, was von den Olympischen Spielen im Hochschulsport bleibt.
Mein Highlight der Olympischen Spiele in Paris 2024: Die Magie von Lille
Ganz kleine Kinder, die kaum den Ball halten können, Jungen und Mädchen im Grundschulalter und Jugendliche, die bereits richtig gut zocken können – vermutlich vor allem aus europäischen Ländern – spielen motiviert und freudig miteinander Handball. Ein Mädchen wirft ein Tor und die umstehenden Fans mit spanischen, deutschen, dänischen und slowenischen Flaggen jubeln lautstark. Nebenan läuft ein Basketballturnier für Erwachsene, und die Atmosphäre ist von einer unbeschreiblichen Leichtigkeit und Freude erfüllt. Über allem thront auf dem großen zentralen Platz in der Altstadt von Lille eine Statue mit einer wehenden olympischen Fahne in der Hand. Es ist der Tag des Handball-Halbfinales der Männer bei den Olympischen Spielen 2024. Die Finalwettkämpfe im Handball werden in der Stadt Lille, knapp 3 Stunden von Paris entfernt, ausgetragen. Dieser Moment, in dem der Sport Menschen jeden Alters und aus den unterschiedlichsten Ländern verbindet, ist mein persönliches Highlight der Olympischen Spiele 2024 in Frankreich.
Das Deutsch-Französische Olympische Jugendlager – Sport als Brücke für den Austausch
Diesen Moment durfte ich erleben, weil ich Teil des ehrenamtlichen Leitungsteams des Deutsch-Französischen Olympischen Jugendlagers (DFOJL) 2024 in Paris war. Das Jugendlager wurde in diesem Jahr erstmals als binationale Veranstaltung gemeinsam von der Deutschen Sportjugend (dsj), der Deutschen Olympischen Akademie (DOA) und dem Comité National Olympique et Sportif Français (CNOSF) gemeinsam durchgeführt. Jeweils 50 Jugendliche aus beiden Ländern nahmen daran teil. Das Ziel des Lagers ist es, durch das Medium Sport junge Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen und Völkerverständigung, Demokratie und ein friedliches Miteinander zu fördern. Die Inhalte des Jugendlagers umfassten nicht nur Wettkampfbesuche, sondern auch gemeinsame Spaßwettkämpfe, Workshops zu aktuellen olympischen Themen, Sprachanimationen sowie Treffen und Gespräche mit Politiker*innen, Entscheidungsträger*innen aus dem Sport und Athlet*innen, darunter Olaf Scholz, Miriam Welte oder Dirk Nowitzki. Ich war für die Öffentlichkeitsarbeit des Lagers verantwortlich und hatte die Möglichkeit, gemeinsam mit den Jugendlichen über das Lager, seine Potenziale und die einmaligen Erlebnisse zu berichten. Dabei war es mir wichtig, dass die Jugendlichen ihre Perspektive einbringen und eigenständig über ihre Erfahrungen erzählen konnten. Diese zwei Wochen waren unvergesslich und haben mich tief geprägt. Sie waren voller intensiver Momente und Erfahrungen, die mich in meiner sportlichen Leidenschaft erneut bestärkt haben.
Die Schattenseiten der Olympischen Spiele
Die Olympischen Spiele haben auch ihre Schattenseiten, die vielen bekannt sind. Themen wie mangelnde Nachhaltigkeit und unzureichende Geschlechtergerechtigkeit werfen oft ein schlechtes Licht auf das Mega-Sportevent. Zwar warb man damit, dass erstmals 50 % der Athlet*innen weiblich waren, doch bei den Trainer*innen sieht die Situation anders aus: In Tokio waren nur 13 % der Trainer*innen weiblich. Das 100-Meter-Finale der Männer wurde mit einer atemberaubenden Lichtshow inszeniert, während das Finale der Frauen ohne solche Effekte ausgetragen wurde. Eine Debatte über eine Testosteron-Obergrenze bei Frauen im olympischen Sport entfachte sich rund um die algerische Boxerin Imane Khelif. Französische Athletinnen durften nicht selbst entscheiden, ob sie bei Wettkämpfen ein Kopftuch tragen wollen. Auch die Verdrängung von Obdachlosen aus der Stadt, um das Stadtbild nicht zu gefährden, wurde in den Medien kritisiert. Das Umfüllen von Cola aus 0,5-Liter-Einwegplastikflaschen in Mehrwegplastikbecher, erscheint als fragwürdiger Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Eine neue Ära – Der Blick nach vorn
Gleichzeitig waren diese Spiele für mich unglaublich inspirierend, insbesondere aufgrund der herausragenden Leistungen von Frauen und durch den unglaublich bereichernden Austausch mit Menschen aus anderen Ländern. Die amerikanische Turnerin Simone Biles war der Star der Spiele und Athletinnen wie die amerikanische Rugbyspielerin Ilona Maher, die Gold gewann, setzten in den sozialen Medien ein starkes Zeichen für Body Positivity. Die mediale Darstellung von Frauen zeigte sie als starke, kämpferische Persönlichkeiten, ganz im Gegensatz zu den Ansichten des Gründers der modernen Olympischen Spiele, Pierre de Coubertin. Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen waren zunächst nur für männliche Athleten vorgesehen. Erst bei den zweiten Olympischen Spielen der Neuzeit 1900 in Paris, waren 22 der teilnehmenden 997 Athlet*innen weiblich. Die Boxerin Cindy Ngamba holte die erste Medaille für das Refugee Team. Ich sang mit koreanischen und französischen Fans das Lied der Spiele: Les champs-élysées. Ich spielte Beachvolleyball mit Fans aus aller Welt im brasilianischen Haus und traf einen ehemaligen Kommilitonen aus Argentinien sowie eine ehemalige Handball-Teamkollegin aus Melbourne. Fast alle Sportstätten waren gut mit der Metro oder dem Zug zu erreichen, und zum ersten Mal gab es einen Marathon für alle. Auch wenn die Olympischen Spiele in den Bereichen Geschlechtergerechtigkeit, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit noch viel aufholen müssen, bin ich fest davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass Sport das beste Mittel ist, um Menschen weltweit zu verbinden. Ich möchte Teil dieses Weges und einer guten Lösung für alle sein - vielleicht auch bei möglichen Olympischen Spielen 2040 in Deutschland.
Olympia im Kleinen – Entwicklungen im Hochschulsport
Meine Erfahrungen in Paris bestärken mich in meiner Arbeit im Hochschulsport. Hier versuchen wir, Sport für alle zugänglich zu machen und allen die Möglichkeit zu geben, positive Erfahrungen zu sammeln. Es gibt nicht viele andere Kontexte, in denen man als erwachsener Mensch eine Sportart wie Handball oder Taekwon-Do neu erlernen kann. Sei es im Leistungs- oder im Breitensport – wir fördern eine inklusive und gerechte Sportkultur, in der sich jede Person willkommen und unterstützt fühlen soll. Wir bieten Kurse speziell für Frauen und FLINTA-Personen und LGBTQI+-Personen an. Unsere Kurse werden in verschiedenen Sprachen angeboten, und wir arbeiten gemeinsam mit unseren Übungsleiter*innen daran, eine inklusive Sprache zu etablieren. Wir haben geschlechtsneutrale Toiletten und sind dabei, geschlechtsneutrale Umkleiden zu schaffen. In unserem Team arbeiten zwei Gleichstellungsbeauftragte. Auch Nachhaltigkeit spielt bei uns eine wichtige Rolle: Regelmäßig reinigen wir in unserem Paddel Clean Up das Gewässer an unserem Bootshaus von Müll und wir versuchen, alte Materialien für neue Zwecke zu verwenden, wie zum Beispiel ein altes Segel als Abdeckung für einen Bootsmotor oder Holzreste als Sportmaterialien. Mit unseren Uni-Ligen und den Deutschen Hochschulmeisterschaften ermöglichen wir sportlichen Wettkampf auf einem gehobenen Breitensportniveau bis hin zum Leistungssport. Die-TU Student*innen Benedetta Wenzel, Anton Finger und der Absolvent Wolf-Niclas Schröder waren bei den Olympischen Spielen dabei und feiern Erfolge, die auf dieser Seite nachzulesen sind: TU-Student*innen bei Paris 2024. Wir bieten an der TU Duale Karrieremöglichkeiten für Spitzensportler*innen an. Gleichzeitig sind der After-Work Cup, der Firmenlauf oder unsere Wintertanzshow niedrigschwellige Formate für alle, die eine Identifikation mit der Hochschule über den Studierenden- sowie den Arbeitsalltag hinweg schaffen. Auch wir haben unter anderem in den Bereichen Nachhaltigkeit, Geschlechtergerechtgkeit oder Integration unser volles Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Doch wir befinden uns auf einem vielversprechenden Weg. Inspiriert und beflügelt durch die Olympischen Spiele freuen wir uns darauf, noch mehr für die positiven Effekte des Sports für alle zu tun.
FISU World University Games 2025 - Sei dabei!
2025 finden die FISU World Games in Deutschland statt, die zweitgrößte Multisportveranstaltung der Welt nach den Olympischen Sommerspielen, und wir im TU-Sport haben die Möglichkeit, studentische Athlet*innen aus aller Welt in Deutschland zu begrüßen. Auch du kannst als Volunteer dabei sein. Interessierte können sich noch bis zum 15. September als Volunteers bewerben. Lasst uns gemeinsam die positive Kraft des Sports erlebbar machen und unvergessliche Momente im TU-Sport oder bei den anstehenden Sportgroßveranstaltungen auf höchstem Niveau erleben.
Ich freue mich darauf, euch im TU-Sport oder bei den FISU World Games 2025 zu sehen!
Fotos: Sina Kuiper, DFOJL